Die Beetis sprechen: Erinnerung an einen Umzug
himmelbeet Presse
Das himmelbeet ist in den Jahren 2021 und 2022 umgezogen - dieser Prozess wurde in Echtzeit in diesem Zeitstrahl dokumentiert. Jetzt, ein paar Jahre später, ist einige Zeit vergangen und es ist höchste Zeit für eine Aufarbeitung! Im Rahmen des Projekts Gartenleistungen II haben wir mit den beteiligten Mitarbeiter*innen des himmelbeets darüber gesprochen.
Die Erkenntnisse haben wir hier für euch zusammengefasst. Wie war eigentlich der Prozess der Flächensuche und des Umzugs? Was hätten wir gerne damals schon gewusst? Was haben wir gut gemacht und was hätten wir besser anders angepackt? In diesem Blogbeitrag wollen wir unsere Erinnerungen vom Umzugsprozess festhalten und unsere Learnings für andere Gemeinschaftsgarten-Projekte zur Verfügung stellen.
Macht das Lust auf mehr? Seid ihr Teil eines Gemeinschaftsgartens, der von Umzug bedroht ist? Wollt ihr einen neuen Garten im öffentlichen Raum gestalten? Dann merkt euch schon mal den 11. und 18. Mai in euren Kalendern vor - da machen wir in Berlin nämlich zwei Workshops zum Thema Flächensicherung für urbanes Grün - Gärten Sichern #1: Von Flächen & Verträgen und #2: Von Konflikten und Lösungen.
Organisation: Teams bilden und Umzugs-Plena
Die Neugründung oder ein Umzug eines Gemeinschaftsgartens ist ein komplexes Unterfangen, das viel Planung und Organisation erfordert. Basierend auf den Interviews mit dem himmelbeet-Team, das diesen Prozess durchlief, lassen sich wertvolle Lehren ziehen, die zeigen, wie ein solcher Wechsel erfolgreich bewältigt werden kann. Als klar wurde, dass das himmelbeet nicht auf der Fläche in der Ruheplatzstraße bleiben konnte, musste ein neuer Standort gesucht werden. Um den Umzug zu planen, wurden Aufgaben zugeteilt, wobei auch versucht wurde, die unterschiedlichen Kompetenzen der einzelnen Personen mitzudenken. Die Fortschritte und Stolpersteine wurden in Umzugsplena geteilt. Hier wurden wichtige Entscheidungen diskutiert und abgestimmt; Manchmal sogar stundenlang! Eine gute Moderation und deutliche Struktur sind hier essenziell. Im Nachhinein denken einige, es wäre effizienter gewesen, manche Entscheidung in kleinerer Runde zu treffen.
Fakt ist: Jede Gruppe muss ihre eigene Dynamik und Gesprächsregeln finden. Was jedoch in jedem der Gespräche deutlich wurde ist, dass dies nur mit guter Kommunikation, Zuhören und Offenheit passieren kann.
Die Flächensuche
Die Suche nach einem neuen Standort für den Gemeinschaftsgarten war ein langwieriger Prozess, der vom neu gebildeten Team Fläche koordiniert wurde. Bei einer Fahrradtour wurden potenzielle Flächen erkundet und bewertet. Dabei wurden verschiedene Kriterien wie Zugänglichkeit, Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit berücksichtigt. Und auch die Nähe zum alten himmelbeet spielte eine wichtige Rolle. Schließlich war es auch wichtig, eine öffentliche Fläche ging - damit der öffentliche Zugang zum neuen Garten gesichert wurde. Die Suche stellte eine enorme Herausforderung dar - viele Optionen führten in eine Sackgasse. Dabei war es nicht hilfreich, dass die Rücksprache mit der Verwaltung oft sehr langsam verlief. Der Wahlzyklus und die politischen Strategien in der Stadt beeinflussten den Prozess ebenfalls und sorgten für Verzögerungen. Die 43.870 (!) gesammelten Unterschriften von Menschen, die sich für einen Erhalt des himmelbeets aussprachen, haben aber unsere politische Wirksamkeit vergrößert. Es hat sich gelohnt. Am Ende konnte dann doch eine Sondergenehmigung für einen Gemeinschaftsgarten auf einer Grünfläche an der Ecke Grenzstraße/Gartenstraße eingeholt werden.
Der Umzug: Erde, Container-Café und mehr
Der Umzug des Gemeinschaftsgartens stellte uns vor einige spezifische Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der Verlagerung von Erde und Pflanzen. Darüber hinaus fanden sich Personen, die sonst im Bereich Umweltbildung oder verwandten Bereichen tätig waren, plötzlich mit ganz neuen Aufgaben konfrontiert, wie etwa Anträge für einen Wasseranschluss zu stellen oder den Umzug eines Containergebäudes (für das Café) zu planen. Das geht unter Zeitdruck kaum ohne professionelle Hilfe und wenn doch, passieren auch Fehler. Zum Glück gab es hier und da erfahrene Unterstützung. Expert*innenwissen und ein helfendes Netzwerk. Teilweise fand der Umzug aber unter schwierigen Arbeitsbedingungen statt: Winter, kaltes und nasses Wetter, as die körperliche Arbeit noch anspruchsvoller machte und Zeitdruck. Die Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen wie ausreichend Schutzausrüstung und Sicherheitsprotokolle wurde ebenfalls durch fehlendes Praxiswissen erschwert. Trotz Herausforderungen gab es auch motivierende Faktoren, die das Team voran trieben: die gemeinsame Vision, den Garten an seinem neuen Standort zu etablieren, täglich die konkreten Resultate der Arbeit zu sehen, sowie die großzügige Unterstützung von Ehrenamtlichen.
Gemeinsames durch die Krise: Teampflege & Ehrenamt
Die existenzgefährdende Situation, in der sich das himmelbeet befand, sowie die Zeitknappheit erhöhten den Druck und waren für die Mitarbeiter*innen sehr belastend. Vor dem Umzug gab es funktionierende Strukturen, Arbeitsgruppen und Entscheidungsprozesse. Aber der Zeitdruck erforderte schnelles Handeln und größere Entscheidungen und Verantwortung für neue Themen. Dafür waren die Strukturen nicht ausgelegt. Das führte auch zu problematischen Dynamiken im Team, an das manche Mitarbeiter*innen mit einem unguten Gefühl zurückdenken. Sie kritisieren interne Machtdynamiken, vor allem im Kontrast zur idealistischen Vision von himmelbeet. Um motiviert zu bleiben, war das Wohlergehen und gegenseitige Fürsorge von großer Bedeutung. Warmes Essen, das für die Umzugshelfer bereitgestellt wurde, symbolisierte nicht nur praktische Unterstützung, sondern auch eine Geste der Wertschätzung. Dennoch fühlten sich einige Teammitglieder durch den Umzugsprozess überfordert und entschieden sich, nach dem Abschluss des Umzugs nicht mehr für himmelbeet zu arbeiten. Die Geschichte des Umzugs zeigt wie groß der Druck sein kann, wenn es keine ausreichende finanzielle Grundlage gibt und viel in ehrenamtlicher Arbeit geleistet werden soll. Eine gesunde und unterstützende Teamkultur ist dabei eine Notwendigkeit kann, um sich in schwierigen Zeiten gegenseitig zu stärken.*
Reflexion des Prozesses
Nach dem Umzug nahm sich das himmelbeet-Team Zeit für eine ausführliche Reflexion des Prozesses. Dabei wurden nicht nur die Ziele und Erfolge, sondern auch die Herausforderungen und Lernpunkte diskutiert. Insgesamt zeigen die Erfahrungen des himmelbeet-Teams, dass ein erfolgreicher Standortwechsel und Umzug eines Gemeinschaftsgartens eine sorgfältige Planung, Organisation und wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe erfordert, damit nicht nur der Garten erfolgreich umzieht, sondern auch die Pflanzen und Menschen.
Austausch für Gemeinschaftsgärten & Stadtgärtner*innen
Wenn ihr Lust habt eure vielfältigen Erfahrungen zu Gruppenprozessen unter belastenden Umständen mit uns zu teilen, dann kommt zu unserem Workshop Gärten Sichern #2: Von Konflikten und Lösungen am 18. Mai. Weitere Informationen findet ihr hier.
* Dazu haben wir auch noch einen Doku-Tipp: Das Kombinat, Trailer hier!