Zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft

himmelbeet Presse

Die Herausforderungen der städtischen Partizipation im Grünen

Habt ihr eine Idee für grüne Gestaltung in der Stadt? Wollt ihr zum Beispiel Hochbeete auf einen freien Platz stellen, eine Brachfläche umgestalten oder ein Parklet aufstellen? Um Flächen aktiv nutzen und formen zu können, braucht man Genehmigungen, unter Umständen sogar Nutzungsvereinbarungen oder Verträge mit der Stadt. Wie genau sieht die Beziehung mit der Stadt eigentlich aus? Wie geht man mit der Verwaltung um? Und wie wird diese Zusammenarbeit von der Seite mit der Verwaltung wahrgenommen?

Die komplexe Dynamik zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung

Zivilgesellschaftliche Projekte, wie das himmelbeet, stehen in stetem wechselseitigem Austausch mit der Verwaltung. Sie ist eine konstante Akteurin, sowohl vor, während und nach der Umsetzung unserer Projekte. Somit erfordert die Mitgestaltung von Stadt und Landschaft viel Geduld, Diplomatie, Geschick und Grenzen Austesten. Um mit diesen Herausforderungen umzugehen, ist es hilfreich, gute Kenntnisse über die Struktur der Verwaltungen zu haben und zu wissen, wie was wo und mit wem funktioniert (siehe hierfür auch den himmelbeet Flächenblog Wie funktioniert eigentlich Bezirkspolitik?).

Jedoch kann man sich die Umsetzung von Projekten durch gute Kenntnisse über Verwaltungsstrukturen nur bedingt erleichtern. In Austauschen mit zahlreichen Projekten, die sich für eine grüne Stadt einsetzen, haben wir viel darüber gehört, wie anstrengend die Zusammenarbeit mit Ämtern sein kann und wie viel Frustration über die vielen bürokratischen Hindernisse es gibt. Der Verwaltung wurde unter anderem fehlende Verlässlichkeit in Zusicherungen, mangelndes Vertrauen in zivilgesellschaftliches Engagement und Verantwortungsbewusstsein, unregelmäßige, unzuverlässige oder gar fehlende Kommunikation und ein geringes Interesse an und Bereitschaft für Transformation vorgeworfen. Zudem sind Verwaltungen oftmals nicht in der Lage, ihr bürokratisches Tempo an die schnelle Dynamik und Wandelbarkeit von zivilgesellschaftlichen Projekten anzupassen. Stattdessen stecken Projekte in der Stadthierarchie oft in einer Rolle als Bittsteller*in und Verhandlungsführende fest, statt ihrer eigentlichen Agenda des Pflanzens, Gärtnerns und Erntens nachzugehen.

Die Frustration über diese Dynamiken ist verständlich: Wenn eine ganze Gruppe, Nachbarschaft und Stadt von unseren Projekten profitiert und wir mit so viel Engagement und Leidenschaft daran arbeiten, warum wird es uns so schwer gemacht? Auch ein gewisses Bewusstsein für die Überlastung der Ämter und den Aufwand, der für sie mit der Betreuung unserer Projekte einhergeht, kann nicht über die fehlende Unterstützung unserer Projekte hinwegtrösten. Leider fühlen sich viele von uns in unserer Arbeit nicht sehr wertgeschätzt und kämpfen zunehmend mit Überarbeitung und Müdigkeit angesichts der vielen Hindernisse.

Im Austausch mit anderen Gemeinschaftsgärten in Berlin ist jedoch auch deutlich geworden, dass zum Verständnis dieser Dynamiken eine sehr relevante Perspektive nicht vorhanden ist: die Perspektive der Entscheidungsmacher*innen. Wie sieht die Verwaltung die Zusammenarbeit mit uns? Gibt es Wege, um die Zusammenarbeit zu erleichtern, sodass beide Seiten davon profitieren können? Aus diesem Grund haben wir Gespräche mit Dr. Almut Neumann, Bezirksstadträtin für Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen, und Roland Schmidt, Leiter des Fachbereichs öffentlicher Raum im Straßen- und Grünflächenamt in Kreuzberg-Friedrichshain, geführt.

Einblick in die Verwaltungsstrukturen

In den Gesprächen ist folgendes klar geworden: Die individuellen Menschen, die in Verwaltungsstrukturen und Stadtpolitik arbeiten, haben Verständnis für die Bedeutung von Stadtgrün, Partizipation und Relevanz von urbanen Gärten. Viele können den Einsatz unserer Projekte anerkennen und sympathisieren mit unseren Idealen. Gleichzeitig machen sie deutlich, dass die reine Menge an Projekten und der Aufwand, der mit deren Betreuung einhergeht, die Ressourcen der Ämter sprengen. Letztendlich gibt es einige Mitarbeiter*innen, die unsere Projekte deshalb eher als Störfaktor wahrnehmen, die sie von „eigentlicher“ Arbeit ablenken. Außerdem ist die Verwaltung ganz grundsätzlich abgeneigt, Kontrolle über ihre Flächen abzugeben: Sie sorgen sich um die Privatisierung von Flächen, die eigentlich der Allgemeinheit zugesichert sind, und um Fragen von Haftung und Sicherheit auf den Geländen. Zusammenfassen lässt sich die Rolle der Verwaltung aus ihrer eigenen Sicht wie folgt: Ämter tun so viel sie können für unsere Flächen und verfolgen sogar ähnliche Ziele, allerdings eben nur im Rahmen des Möglichen und der bürokratischen Auflagen und Strukturen, in denen sie eingebettet sind.

Herausforderungen und Perspektiven für die Zukunft

Roland Schmidt und Dr. Almut Neumann etablieren in ihrem Handlungsrahmen ernste Ansätze, um die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung zu erleichtern. So arbeitet zum Beispiel das SGA Friedrichshain-Kreuzberg an Prozessen für geringeren Verwaltungsaufwand. In Mitte wurde eine Person als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung eingerichtet, die zwischen beiden Seiten vermitteln soll. Jedoch ist es trotz dieser Ansätze wenig wahrscheinlich, dass Gemeinschaftsgärten auf lange Sicht gesicherte Flächen haben werden. Letztendlich setzen die Strukturen in Stadt und Politik die Bedingungen und Grenzen für uns. Solange keine transformativen Lösungen verfolgt werden (wie die spezifische Widmung von Flächen für Gärten), finanzielle und personelle Ressourcen in den Verwaltungen nicht gestärkt sind, Nachhaltigkeit und Klimaschutz keine Priorität haben und Wille zu Wandel und Kompromissbereitschaft nicht vorhanden ist, werden Gärten weiterhin um ihren Platz in der Stadt kämpfen müssen.

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